Gesundheit,  Stressmanagement

Mentale Hygiene: Wege aus der Lästerschleife

Ich war gerade in der Reha mit meinem Lip-Lymphödem. Eigentlich ein Ort, an dem Heilung, Erholung und neue Energie im Mittelpunkt stehen sollten. Ein Ort, an dem man durchatmet, loslässt, Kraft schöpft und vor allem sich mit Gleichgesinnten austauscht. Eine Art „Safe Space„, den wir im Alltag oft nicht haben. Dort stoßen wir häufig auf Unverständnis und schnelle Urteile über unser Aussehen, unter anderem wohl, weil die Erkrankung nicht so bekannt ist.

Doch wie so oft im Leben sind die äußeren Rahmenbedingungen einer Reha nur die eine Seite der Medaille. Denn hier, zwischen Anwendungen, Spaziergängen und Gruppentherapie, habe ich eine Erfahrung gemacht, die mich nachdenklich gestimmt hat:

Es wird viel geredet.
Und leider nicht immer freundlich.

Im Aufenthaltsraum, auf dem Flur, beim Essen – überall fliegen kleine Kommentare, Spitzen, Vergleiche. Vor allem aber über andere Mitpatient:innen – neben den Therapeut:innen, Ärzt:innen, über das Essen, das Wetter, das Leben an sich. Manchmal sind es harmlose Bemerkungen, manchmal handfeste Lästereien.
Aber sie alle haben etwas gemeinsam: Sie ziehen Energie.

Ein Beispiel: Ich wollte meine Gedanken loslassen bzw. sortieren und habe mich an ein Puzzle gesetzt, ganz für mich. Am Tisch nebenan wurden Bandagen aufgewickelt. Plötzlich hörte ich den Begriff „Walross am Strand“ und dachte im ersten Moment, ich hätte mich verhört. Da war ich noch so blauäugig zu glauben, dass wir alle im selben Boot sitzen und wir uns gegenseitig unterstützen würden. Ganz bestimmt hatte ich mich verhört! Aber ich merkte, wie sich etwas in meine Gedanken fraß und ich vorsichtig wurde. Ich passte auf und merkte auf einmal: So freundlich zueinander waren wir in unserer Gemeinschaft gar nicht. Es wurde gemustert und munter getratscht. Für mich unerträglich. Da wusste ich, ich hatte mich nicht verhört.

Wenn Worte schwer werden

Vielleicht kennst du das: Du sitzt in einem Gespräch, das eigentlich harmlos beginnt, und plötzlich merkst du, wie deine Stimmung kippt. Je länger du zuhörst, desto schwerer wird’s. Desto angespannter, müder, gereizter fühlst du dich.

Das passierte nicht nur in meiner Rehakliniken. Das passiert tagtäglich in Lehrerzimmern, in Büros, in WhatsApp-Gruppen, beim Elternabend.

Denn Worte sind Energie – und sie wirken. Vor allem dann, wenn sie mit Emotion aufgeladen sind. Negativität ist ansteckend. Unser Gehirn ist so gebaut, dass es Spiegelneuronen aktiviert – wir fühlen mit, übernehmen Stimmungen, schwingen uns auf das Gegenüber ein.
Das ist mit Sicherheit schön, wenn jemand lacht oder begeistert ist. Und auch da habe ich in der Reha eine kleine Gruppe gefunden, wo das genau so war.
Es wird aber anstrengend, wenn jemand meckert, urteilt oder ständig das Haar in der Suppe sucht.

Warum wir trotzdem mitmachen

Lästern erfüllt in Gruppen oft eine soziale Funktion. Denn: es verbindet. Zwar nur kurzzeitig, aber man fühlt sich „dazugehörig“, wenn man gemeinsam über jemanden oder etwas spricht.

Aber dieses vermeintliche Wir-Gefühl ist brüchig. Es basiert auf Abwertung – nicht auf echter Verbindung. Und es kostet Kraft. Viele Menschen merken gar nicht, wie erschöpft sie von solchen Gesprächen sind. Kennst du solche Situationen? Man geht auseinander, aber innerlich ist es etwas enger geworden. Das Herz zieht sich zusammen, der Körper reagiert mit Druck, Anspannung, Müdigkeit. Lästereien sind wie kleine Gifte – sie wirken schleichend.

Mentale Hygiene: Sauber bleiben, auch wenn’s draußen staubt

In der Reha habe ich mir irgendwann gedacht:
Ich wasche mir mehrmals täglich die Hände, ich achte darauf, was ich esse. Aber wann wasche ich eigentlich meine Gedanken?

Das war der Moment, in dem ich beschlossen habe, mentale Hygiene bewusster zu leben. Denn immerhin war ich ja noch einige Zeit mit diesen Menschen in einer Zwangsgemeinschaft in der Reha.

Wir können nicht immer verhindern, dass Negativität um uns herum existiert – aber wir können entscheiden, wie viel davon wir aufnehmen.

Was kannst du dagegen tun?

Hier sind einige Wege, die mir helfen, innerlich klar und leicht zu bleiben:

1. Abstand nehmen

Du darfst gehen, wenn dir ein Gespräch nicht guttut. Niemand zwingt dich, dich in negative Dynamiken hineinzusetzen. Ein einfaches: „Ich geh noch kurz an die frische Luft“ oder „Ich lese noch ein bisschen“ reicht.
Du musst dich nicht rechtfertigen – du schützt nur deine Energie.

2. Neutral bleiben

Wenn du mitten in einem Gespräch landest, das in eine destruktive Richtung geht, ist es gar nicht nötig, zu konfrontieren.
Ein neutrales „Hm“, ein freundliches Nicken oder ein Themenwechsel wirken Wunder.
Du signalisierst: „Ich höre zu – aber ich mache nicht mit„.

3. Den Fokus umlenken

Versuch, positive Themen einzubringen.
Frag: „Und was hat dir hier bisher gutgetan?“ oder „Worauf freust du dich, wenn du wieder zuhause bist?“
So lenkst du das Gespräch sanft in eine andere Richtung – und manchmal ändert sich die Stimmung ganz von selbst.

4. Innere Klarheit bewahren

Erinnere dich: Lästereien sagen mehr über die Person aus, die spricht, als über die, über die gesprochen wird. Das, was jemand über andere sagt, spiegelt oft den eigenen inneren Zustand wider. Wenn du das erkennst, musst du nichts mehr persönlich nehmen. Du kannst Mitgefühl empfinden – aber du musst es nicht in dich hineinlassen.

5. Positives tanken

Negativität zieht Energie – also brauchst du auch etwas, das sie wieder auffüllt.
Such bewusst nach dem Guten:
Ein Lied, das dich aufbaut, ein Spaziergang in der Sonne, ein Telefonat mit jemandem, der dich versteht, oder einfach ein Moment der Stille mit dir selbst.

Ich habe mir eine Gruppe / Menschen gesucht, die mir gut taten, mit denen ich echten Austausch und Wertschätzung füreinander hatte, aber mich auch zeitweise zurückgezogen, wenn mir das ganze „Socalizing“ zu viel war. Ein kleiner Spaziergang, eine Tasse Kaffee oder Tee, ein paar Seiten im Buch – das hat bereits ausgereicht.

Bonus-Tipp: Wortwäsche für den Alltag

Unsere eigene Sprache ist oft der beste Indikator, wie wir innerlich drauf sind.
Beobachte einmal, welche Worte du häufig benutzt:

  • Aus „Ich muss“ darf ein „Ich darf“ werden.
  • Aus „Ich hab keine Zeit“ wird „Ich setze meine Prioritäten anders.“
  • Aus „Das nervt“ wird „Das fordert mich heraus.“
  • Aus „Ja, aber“ wird ein „Ja und gleichzeitig…“

Diese kleinen sprachlichen Veränderungen verändern deine Wahrnehmung – und damit dein Stressempfinden. Denn Worte wirken zuerst auf uns selbst, bevor sie andere erreichen.

Fazit: Du darfst wählen, welche Energie du in dich hineinlässt

Wir können die Welt nicht stiller machen. Aber wir können lernen, unseren inneren Raum zu schützen. Mentale Hygiene heißt: nicht jeden Gedanken, jedes Urteil, jedes Drama zu übernehmen, sondern bewusst zu entscheiden, was in dir Platz finden darf – und was draußen bleiben darf.

Ich nehme aus meiner Reha mit:
Heilung passiert nicht nur im Körper. Sie passiert auch in der Art, wie wir sprechen, zuhören und denken. Und vielleicht ist das die schönste Form von Selbstfürsorge:
Nicht nur die Muskeln zu entspannen, sondern auch die Gedanken.

Noch ein Impuls:

Achte in dieser Woche einmal bewusst darauf, wie du dich nach Gesprächen fühlst.
Leicht oder schwer?
Geklärt oder verwirrt?
Wenn du magst, schreib mir gern, welche Erfahrungen du machst – ich freue mich auf den Austausch.

Wenn du magst, kannst du dir die folgenden zwei Seiten als Poster herunterladen. Sie erinnern dich in Kürze daran, was du gegen negative Äußerungen tun kannst:

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