Persönliches,  Stressmanagement

Urlaubsgefühle retten: Wie geht das?

Als ich den Aufruf zur Blogparade geschrieben habe, reiste ich noch durch Finnland. Ich genoss die unglaubliche Natur. Teilweise waren wir an Ecken, da konnte ich mich nur schwer losreissen. Die Eindrücke waren so intensiv, dass mir fast schon das Herz weh tat. Ich fragte mich immer wieder – und das mache ich bei jeder meiner Reisen – wie ich diese Eindrücke und Gefühle in meinen Alltag transportieren kann. Weil mich das Thema sehr beschäftigte, habe ich diese Blogparade gestartet. Ich erhoffte mir ganz viel Austausch mit anderen Bloggerinnen, denen es vielleicht ähnlich geht und die ihre eigenen Techniken entwickelt haben. Meine eigenen Tipps befolge ich machmal ganz genau, manchmal gar nicht. Vielleicht gibt es ja Bloggerinnen, die eine andere Technik entwickelt haben, um genau das zu tun: Urlaubsgefühle in den Alltag transportieren und konservieren.

Vorgeschichte

Haus am See

Teilweise war es still, sehr still, vor allem, wenn wir einen Stellplatz im Wald, am See, abseits der Straßen hatten. Wir genossen das entschleunigte Fahren. Streckenweise kam uns kein einziges Auto entgegen, schon gar keine Touristen. Ich weiß, Urlaub ist etwas anderes als der Alltag. Trotzdem dachte ich immer wieder: „So ein kleines Häuschen am See…. Das hat schon was. Könnten wir nicht doch aus Deutschland wegziehen?“ Natürlich weiß ich auch, dass man sich hier mit seinem Nachbarn verstehen muss, so alleine, wie die Höfe und Häuser oft liegen. Ja, die nächste größere Stadt bzw. das nächste größere Dorf mit Einkaufsmöglichkeiten, Arzt, Tankstelle liegt meist weiter weg. Der Winter ist lange und rau, die Sommertage dafür umso heller. Synonym für Finnland könnte Schweden oder Norwegen stehen. Diese beiden anderen Länder haben es mir ebenso angetan. In allen drei Ländern komme ich erstaunlich schnell zur Ruhe, innerlich und äußerlich. Das Sitzen am Lagerfeuer, Kaffeetrinken in Ruhe, ohne dass er kalt wird, weil tausend andere Leute etwas von mir wollen, die Natur, die mein Nervensystem so unendlich schnell herunterfährt und mir gut tut. Rentiere, die sich langsam erheben, wenn sie vor uns auf der Straße sind und in ihrem eigenen (nicht meinem) Tempo vorneweg laufen, bis sie eine geeignete Stelle auf der Seite gefunden haben, an der sie in den Wald laufen können. Kann ich diese Empfindungen, Erlebnisse und Gefühle in meinen Alltag transportieren? Und wenn ja, wie mache ich das? Oder ist einfach mein Urlaub, meine Reise zu lange? Sollte ich mir nur noch kürzere Erholungsphasen gönnen?

Was erwartet mich nach meiner Reise?

Noch vor den Ferien war bei einer ärztlichen Untersuchung die Rede von meinem erhöhten Blutdruck. Ich habe nur gesagt: „Lassen Sie uns nach meinem Urlaub darüber sprechen, da wird er sich normalisiert haben.“ Es ist tatsächlich so. Noch.

Denn: Mir graute es bereits in den letzten Tagen unserer Reise vor Menschenmassen, ewigen Staus auf den Autobahnen, weil ewig viele Baustellen, die Lautstärke, das nahe Beieinanderleben. Es fällt mir gerade nach einer längeren Reise oft schwer, wieder in den Alltag zurück zu kehren. Das ist dann immer der Moment, in dem ich mich frage, ob meine Auszeit, meine Reise nicht zu lange war. Ob die Eindrücke, die ich gesammelt habe, noch Zeit bräuchten, um sich fester zu verankern und mir auf lange Frist Ruhe schenken zu können. Ich bin nach so einer Reise oft müde, also eigentlich genau das Gegenteil, was ja danach kommen sollte. Zwar fühle ich mich erholt, aber das Zurückkehren in den Alltag kostet mich ziemlich viel Kraft und Energie. Dann stelle ich mir die Frage: Geht das nur mir so? Oder gibt es da draußen auch andere Menschen, die ähnliche Kämpfe mit sich ausfechten? Ist es nur ein Post-Holiday-Syndrom oder muss ich etwas verändern?

Unterschied Urlaub und Reise

Für mich gibt es vier wesentliche Unterschiede:

Intention

Bei einem Urlaub klappere ich Sehenswürdigkeiten ab, liege am Strand, versuche mich maximal zu erholen. Das kann ich beim Reisen auch machen, jedoch ist meine Absicht, in das Land einzutauchen, die vielen Facetten zu erleben, die Kultur, den Alltag der Menschen, die Natur, die Religion, das alles zu be-greifen, sehen, schmecken, riechen. Dazu gehört für mich auch, die jeweilige Landessprache zumindest so zu lernen, dass ich mich auch mit jemanden austauschen kann, der oder die gerade kein Englisch spricht. Okay, Hände und Füsse gehören auch dazu. Dafür benötige ich allerdings Zeit.

Zeit

Ein Urlaub überschreitet in der Regel drei Wochen nicht, eher ist er kürzer. Der Fokus liegt ja auf Erholung.

Gerade wenn ich jedoch eine Rucksackreisen unternehme, heißt das, ich fliege weiter weg bin mit den einheimischen öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und wer schon einmal in Asien unterwegs war weiß, dass manche Wege viel Zeit benötigen. “Jam Karat” nennen die Indonesier das, wenn man auf einen Bus wartet. “Gummizeit” heißt es übersetzt. Also eine Zeit die sich manchmal in die Länge ziehen kann. Und dementsprechend lange braucht eine Route und damit auch eine Reise. Ich habe immer auch anfängliche Schwierigkeiten, mich auf die klimatischen Verhältnisse einzustellen bzw. mit Zeitverschiebungen zurechtzukommen. Sowohl bei der Hin-, wie auch bei der Rückfahrt.

Für unsere Touren mit dem Wohnwagen gilt ähnliches: wir stehen in der Regel autark, jenseits von Campingplätzen und fahren unsere Route abseits der Touristenrouten. Wir müssen immer rechtzeitig unsere Ver- und Entsorgung checken, einkaufen, etc. Auch das benötigt Zeit.

Planung

Ein Urlaub ist in der Regel geplant: welcher Hin-, welcher Rückflug, welches Hotel, die Art der Verpflegung, Mietwagen ja oder Nein, oder sonstige Ausflüge. Du musst dir um nichts mehr Sorgen machen.

Bei einer Reise ist vielleicht noch der Hinflug und eine grobe Route geplant. Meist gibt das Visum die Dauer des Aufenthaltes im Land vor. Alles, was dann kommt, ist ungeplant und muss täglich neu organisiert werden. Häufig passiert Unerwartetes. Du weißt nicht, was am anderen Tag ist. Genau das macht die Reise zu einer Herausforderung, aber auch zu etwas Besonderem.

Grenzen

Ein “normaler” Urlaub bringt mich in eine Art “heile Welt“. Dem Touristen soll es ja gut gehen, damit er in der kurzen Zeit des Urlaubs auch möglichst viel Geld ausgibt (neben der gebuchten Pauschalreise). Meine eigenen Erwartungen sind hoch, denn wenn ich schon so viel Geld für die “schönste Zeit des Jahres” ausgebe, dann soll auch alles möglichst perfekt sein.

Bei einer Reise muss ich mich ständig neuen Problemlagen stellen. Sie fordert meine Flexibilität, meine Problemlösungsfertigkeiten, zwingt mich, neue Fertigkeiten zu entwickeln und mich überhaupt insgesamt weiter zu entwickeln. Nach einer intensiven Reise komme ich immer wieder verändert zurück. Eine Reise ist meist weit entfernt von Perfektionismus.

Regenbogen nach einem kräftigen Regenguß

Urlaubslänge

Okay, ich bin Typ “möglichst lange Urlaub”. Aber wenn es mir so schwer fällt, in den Alltag wieder zurückzukehren und wenn ich merke, dass meine Urlaubsgefühle irgendwann (meist schneller als langsamer) weg sind, sollte ich das dann nicht überdenken?

Eines kann ich schon einmal sagen: Eine Studie der Universität Tampere (in Finnland, dem glücklichsten Land!) untersuchte unterschiedlich lange Urlaubszeiten und stelle fest, dass Urlauber:innen den absoluten Erholungs-Höhepunkt am 8. Tag des Urlaubes erreichten. Warum? Bis dahin ist der (eventuell) vorhandene Stress komplett überwunden. Außerdem benötigt man die Zeit, um sich an den Urlaubsort zu gewöhnen, aber auch, um sich auf eine neue Zeitzone einzustellen. Also ist das Ergebnis: Ein Urlaubszeit zwischen 8 und 10 Tagen ist ideal.

Für eine Reise benötigst du meiner Meinung nach jedoch mindestens 4 Wochen, um in ein Land eintauchen zu können. Je länger du reist, umso mehr besteht die Gefahr, dass das Reisen selbst zum Alltag wird. Das ständige Wechseln der Reiseorte und -länder kann allerdings irgendwann auch ermüden. Daher ist es sicherlich von Vorteil, an einem Ort länger zu bleiben.

Urlaub kann ich vielerorts machen, auch zu Hause. Ich liebe es, morgens ohne Wecker aufzuwachen, einen ersten Kaffee im Bett zu trinken, mich treiben zu lassen und spontan zu entscheiden, was ich tun oder lassen möchte. Das hat für mich Lebensqualität und damit auch einen entsressenden Faktor. Oder gezielt eine Stadt zu erkunden, und nach ein paar Tagen wieder zurück zu kommen. Da nehme ich dann schon einmal ein Hotel in Kauf. Ich erinnere mich an 10 Tage auf Madeira, ein- und dasselbe Hotel, Frühstück und Abendessen inklusive, aber mit Mietwagen, der es uns ermöglichte, die Insel auf eigene Faust zu erkunden, unterwegs einen Kaffee irgendwo abseits der vielen Touristen trinken, abends erschöpft (gute Erschöpfung!) ins Hotel zu kommen, eventuell noch in die Sauna zu gehen und nach 10 Tagen wieder weg zufliegen. Danach war ich sehr erholt.

Länger Urlaub zu machen bedeutet nicht unbedingt automatisch eine lange Erholungsphase im Alltag zu haben. Ich kann nicht “vorurlauben”, um später bei Bedarf noch angesparte Erholung nutzen zu können. Das ist ein wenig wie mit “vorschlafen”. Da ist es dann tatsächlich besser, mehrere kürzere Urlaube zu machen.

Gerade aktuell habe ich noch Anpassungsschwierigkeiten nach einer 7-wöchigen Wohnwagenreise durch Finnland. Der Alltag fühlt sich irgendwie noch nicht richtig an. Daher kam auch die Frage auf, wie ich diese (Erholungs-)Gefühle, die ich während meiner Reisen / Urlaube habe, in den Alltag transportieren kann.

Meine ultimativen Tipps

Langer rede, kurzer Sinn: Du kannst natürlich einiges tun, um wieder gut anzukommen. Aber sei dir sicher, dass der Vorurlaubszustand nach ca. zwei – drei Wochen wieder da ist (Tampere-Studie sage ich da nur). Also was tun, um den Urlaub / die Reise möglichst zu verlängern? Einige Tipps für den Arbeitsalltag findest du in meinem Artikel über den Post-Holiday-Blues. Im nachfolgendem kannst du dich von meinen Tipps inspirieren lassen, um deine Urlaubsgefühle zu retten – zumindest für eine Weile:

  • Schreibe ein Reisetagebuch. So kannst du immer wieder darin von schönen, aber auch blöden Momenten lesen, in Erinnerungen schwelgen (“Kannst du dich noch erinnern…”), die Momente wieder aufleben lassen.
  • Sei während deines Urlaubes / Reise achtsam. Nimm die Momente, in denen du dich glücklich fühlst, wahr und sauge sie in dich auf. So gibst du deinem Gehirn eine Chance, sich besser zu erinnern.
  • Setze dir einen Anker, der dich an deinen Urlaub / Reise erinnert. So denke ich immer bei Zimtgeruch an Sri Lanka, bei Räucherstäbchen an Bali, bei Rosenduft an die Türkei, bei einer Muschel an den warmen Sandstrand auf Gili Trawangan.
  • Koche ein Gericht aus deinem Reiseland oder gehe in ein entsprechendes Restaurant. Wir haben z.B. einen Italiener im Ort, der macht die Pizza wie in Bella Italia. Oder aber ich backe Zimtschnecken wie in Skandinavien. Oder ich öffne die letzte Tüte Lakritze aus Finnland.
  • Verteile für dich kleine Reisesouvenirs. Ich habe immer eine bestimmte Muschel auf meinem Schreibtisch, oder ein Bild aus der letzten Reise als Desktophintergrund.
  • Schaffe neue Rituale. Aus meiner ersten Reise in die Türkei habe ich als neues Ritual Gemüse zum Frühstück mitgebracht. Das gibt es auch heute noch.
  • Mache Sport. Dadurch werden Glückshormone freigesetzt und du fühlst dich danach wieder besser. Mindestens eine halbe Stunde sollte es schon sein. So beugst du auch dem Post-Holiday-Syndrom vor.
  • Erstelle eine schöne Fotogalerie bzw. ein Fotobuch, dass du ganz einfach in die Hand nehmen und dich zurückträumen kannst.
  • Geh raus in die Natur. Ob ein kleiner Spaziergang im Park, ein Picknick im Grünen, was auch immer. Grün tut unseren Augen gut und beruhigt ganz schnell unser Nervensystem. Es läßt uns durchatmen.
  • Schaffe dir regelmäßige Pausen, in denen du Abstand gewinnen kannst. Die müssen nicht lange sein, mal kurz durchatmen, mal kurz die Gedanken ziehen lassen, eine kleine Meditation, das reicht schon.
  • Ergänze bitte selbst, was dir hilft. Jede:r von uns ist anders und manches, was eine andere erholsam findet, findest du gruselig. Such dir deine eigenen Methoden.

Fazit

Es gibt Unterschiede zwischen Urlaub und Reisen. Eine längere (Fern-) Reise, um den Alltag hinter sich zu lassen, bringt ganz andere positive Effekte für dich, die von Zeit zu Zeit auch wichtig sind. Wie lange du Urlaub machst, ist meiner Meinung nach nicht sooo wichtig, solange es zwischen acht und zehn Tagen liegt. Hauptsache du tust etwas, das dir gut tut und dich entspannt. Eine Auszeit von einem Tag bzw. mehreren zusammenhängenden Stunden kann allerdings auch schon mal helfen. Dabei geht es immer wieder darum, raus aus seiner Komfortzone zu kommen und gewohnte Routinen zu durchbrechen. Jede:r kann seine Akkus immer dann gut aufladen, wenn du deine Freizeit in persönliche Freiheit umwandeln kannst.

Ich werde nach wie vor meine freien Tage mal als Urlaub, mal als Reise nutzen. Wobei: Die Freiheit auf Reisen gehen zu können, ist mir lieber. Also bleiben wir neugierig!

Zum Abschluss dieses doch etwas lang geratenen Artikels ein meiner Meinung nach sehr zutreffendes Zitat

Was ist Reisen? Ein Ortswechsel? Keineswegs! Beim Reisen wechselt man seine Meinungen und Vorurteile.

Anatole France

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