Blogdekade 2023,  Stressmanagement

Eine besondere Spezies: Die Ja-Aber-Menschen

Kennst du sie auch? Die Menschen, die immer ein “Ja, aber” parat haben, wenn du zum Beispiel mitten in einer Diskussion steckst? Ich kenne sie sehr gut und manchmal könnte ich mir die Haare raufen. Wie du mit ihnen konstruktiv umgehen kannst, was möglicherweise dahinter steckt, dem allem gehe ich auf den Grund.

Was sind Ja-Aber-Menschen?

Kurz und knapp: Die Menschen, die jegliches Argument mit einem “Ja, aber” zunichtemachen.

Ich habe selbst eine Freundin, die stellvertretend für die Ja-Aber-Menschen stehen kann. Mit ihr telefoniere ich teilweise stundenlang, obwohl ich merke und auch weiß, dass mich das meine Energie kostet. Warum finde ich kein Ende? Nun, sie stellt ein Problem in den Raum und möchte eine Antwort. Auf alle Lösungsvorschläge antwortet sie jedoch meist mit einem „Ja, aber …“. Sie erklärt mir haarklein, warum das, was ich sage, nicht funktionieren kann und will darauf wieder eine Antwort. So verstricken wir uns in ellenlange Telefonate, ohne jedoch zu einem wirklichen Ergebnis zu kommen. Solche Telefonate empfinde ich zumeist als anstrengend, weil ich weiß, dass wir Probleme wälzen, wo vielleicht gar keine sind, und das gefühlt für Stunden.

Mein Eindruck ist, dass sie mir zunächst mit dem “Ja” signalisiert: „Ich habe dich gehört“, mit dem nachfolgendem „Aber“ zeigt, dass es nicht stimmen kann. Sie drückt damit Vorbehalte aus, was für mich zunächst in Ordnung ist, wäre da nicht folgendes:

Ein “Aber” von ihr – und das nicht nur einmal – macht das zuvor Gesagte zunichte, setzt es außer Kraft, vermindert es oder verkehrt es komplett ins Gegenteil. Der erste Teil kommt schlicht und ergreifend nicht mehr zur Geltung.

Du kennst so etwas sicher auch von jemanden, der z.B. sagt: „Ich habe grundsätzlich ja nichts gegen XY, aber …“ Glaubst du dieser Person dann noch ernsthaft den ersten Teil des Satzes? Mit dem zweiten Teil wird eher noch betont, dass es viele Vorbehalte bis hin zu Vorurteilen gibt, die die erste Aussage null und nichtig machen.

Was steckt hinter einem “Ja, aber …”?

Manchmal frage ich mich, ob mich mein Gegenüber mit diesen beiden Worten in den Wahnsinn treiben will. Mir fällt es dann schwer, ruhig zu bleiben, denn bei mir verbleibt der schale Eindruck, dass meine Argumente Mängel haben, nicht vollständig sind. Es ist wie ein kleiner Giftpfeil, der ständig in unserem Gespräch abgeschossen wird. Was will er / sie damit tatsächlich bezwecken?

Folgende mögliche Erklärungen habe ich gefunden:

  • Mein Gegenüber fürchtet sich vor Veränderung. Er / sie hat erkannt, dass das, was ich sage, möglicherweise zutrifft und Handeln angesagt ist. Er / sie ist jedoch nicht für Veränderung bereit und daher ist das „Ja, aber“  ein reiner Schutzmechanismus. Er / sie greift auf, warum meine Argumentation nicht stimmt bzw. stimmen kann, nicht funktioniert, was dagegen spricht, was schon alles versucht wurde und dann doch nicht geklappt hat. Es ist ein Denken in Beschränkungen und Schwarzmalerei und führt letztendlich zum Stillstand.
  • Mein Gegenüber will mich mit den beiden Worten in die Enge treiben (bewusst oder unbewusst) und provoziert eine Gegenreaktion von mir.
  • Mein Gegenüber will keine eigene Verantwortung übernehmen und verhindert damit, im Gespräch (oder generell), selbst voranzukommen.
  • Mein Gegenüber traut sich nicht, offen mit mir in einen möglichen Konflikt zu geraten und gibt mir dadurch ein verstecktes Nein.
  • Mein Gegenüber will oder traut sich nicht heraus aus seiner / ihrer Komfortzone und sucht eine innere Rechtfertigung.
  • Oder aber mein Gegenüber nutzt die Möglichkeit, die eigene Meinung / Überzeugung wieder in den Vordergrund zu rücken (ohne Rücksicht auf Verluste) und zu bestärken.
  • Eine Mischung aus den einzelnen Punkten.

Kennst du etwas davon? Die Frage ist nun, wie reagiere ich darauf.

Wie gehe ich mit „Ja-Aber-Menschen“ um?

Ich gebe zu, mich frustrieren solche Gespräche zeitweise ganz schön. Manchmal ertappe ich mich, wie ich in die Defensive gehe und meine Argumentation verteidige. Fast schon so, als hätte mir mein Gegenüber Vorwürfe gemacht. Dabei ist eine solche Reaktion genau die verkehrte – selbst wenn sie nur allzu menschlich ist. Wir beide drehen uns dann nur noch im Kreis und die Fronten verhärten sich.

Wie kannst du auf Ja-Aber-Menschen reagieren?

  • Als Erstes verlasse die Schleife, sonst drehst du noch Runde um Runde. Produziere keine weiteren Lösungsvorschläge, denn darum geht es meistens auch nicht. Wie bereits erwähnt, wollen Ja-Aber-Menschen zum Teil nicht aus ihrer Komfortzone, also brauchst du zunächst auch weder emotional noch gedanklich zu investieren.
  • Löse dich damit von der Verantwortung für dein Gegenüber.
  • Vielleicht will dein Ja-Aber-Mensch auch nur ernst genommen werden. Daher: nimm dessen Gedanken ernst, in der Hoffnung, dass er / sie die Bereitschaft zeigt, über deine nachzudenken. So nach dem Motto: „Ich verstehe dich, ich habe dein Problem / dein Bedürfnis verstanden und will dir lediglich eine Lösung vorschlagen.“
  • Zwei weitere Wörtchen können hilfreich sein: „Gerade weil …“. Sie sind wertschätzend und du kannst sofort vernünftig antworten. Du nimmst den Einwand auf und verbindest ihn mit deiner eigenen Argumentation. Wenn du nun noch darauf achtest, dass du positive Formulierungen in der Antwort verwendest, kannst du die Gedanken / Einwände deines Gegenübers deutlich entkräften. 
  • Wenn du bei dir selbst feststellst, dass du „Aber“ verwendest, dann ersetze es doch einfach durch ein „Und“ Zum Beispiel: „Mir gefällt, was du sagst und gleichzeitig habe ich Bedenken …“. Merkst du, dass so ein Satz der vorangegangenen Aussage im ersten Teil nichts wegnimmt? Oder du stellst deinen Satz um. Statt: „Wenn du kochst, schmeckt es lecker, aber die Küche sieht hinterher aus wie …“, sage lieber, „Die Küche ist zwar ein einziger Sauhaufen, aber dein Essen schmeckt echt gut“
  • Am besten ist jedoch, wenn du das Wörtchen „Aber“ weitestgehend aus deinem Wortschatz streichst, außer du willst damit deine Meinung bekräftigen.

Zusammenfassung

Die Ja-Aber-Menschen sind meist anstrengend und kosten ziemlich viel Energie. Fast schon möchte ich sie als Energieräuber oder -vampire bezeichnen. Was du tun kannst, wenn du solchen Menschen begegnest – und glaub mir, das kommt häufig genug vor – habe ich weiter oben beschrieben.

Eine Überlegung dazu habe ich noch: Das Leben ist in Bewegung und nicht immer kontrollierbar. Ein Ja -Aber-Mensch verhindert für sich selbst Veränderung, weil er / sie nicht aus der Komfortzone heraus muss oder will. Leben ist aber Veränderung und Weiterentwicklung. Überlege für deine eigene Position, was du möchtest: immer wieder Lösungsvorschläge liefern und sich Frustration einholen oder Energie sparen und damit auch Stress vermeiden. Dadurch kommst du zu einer etwas gelasseneren Haltung, nämlich dem „Warum nicht?“

Egal, was du oder dein Gegenüber denkst, zieh auch in Betracht, dass das Gegenteil zutreffen könnte. So bleibst du / dein gegenüber offen für Veränderungen.

Was wäre denn, wenn alles klappt?


Dir gefällt, was du hier liest? Dann melde dich für meinen Newsletter an. Alle 14 Tage findest du darin alles Mögliche rund um das Thema Stressmanagement und Burnoutprävention, das Ganze gewürzt mit meiner persönlichen Note. Ja-Aber-Menschen verursachen definitiv unnötigen Stress!


Dieser Artikel ist im Rahmen der Blogdekade im Februar 2023 entstanden. Ziel ist es, in 10 Tagen 10 Blogartikel zu schreiben. Dies ist Artikel 1.

3 Kommentare

  • Kerstin Salvador

    Oh, du kennst meine Mutter? Du hast sie sehr treffend beschrieben, wie sie sich in ihrer Opferrolle wälzt, absolut beratungsresistent ist, im Grunde nur stundenlange Aufmerksamkeit will und mich mit ihrem permanenten ja, aber … regelmäßig zur Weißglut bringt. Sie saugt damit so viel Energie, dass ich mich nach so einem Telefonat wie von einem Vampir ausgesaugt fühle.

    Das hast du sehr gut beschrieben und auf den Punkt gebracht. Danke dafür!

    Viele Grüße
    Kerstin

    • Anette

      Liebe Kerstin, deine Mutter kenne ich zwar nicht, aber doch genügend Menschen in meiner Umgebung, denen ich einen Riegel vorschieben muss, wenn ich nicht will, dass ich mich nach einem Gespräch mit ihnen ausgelaugt fühle.
      Danke für dein Feedback!

  • Olli

    Ein sehr gut und absolut zutreffend geschriebener Artikel.

    Ich habe in meinem beruflichen Umfeld bzw im dortigen Kollegenkreis einen Ja-Aber Menschen.
    Leider muss ich mit dieser Person auskommen und manchmal auch enger zusammen arbeiten.

    Dieses ständige Ja-Aber macht mich wahnsinnig und es kommt dadurch immer wieder zu Diskussionen, die einfach nicht nötig wären und zusätzlich Zeit und Energie rauben. 🙁

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert