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Was ist Zeitblindheit?

Jetzt habe ich so viel über Zeitmanagement – Methoden geschrieben und ein Phänomen noch gar nicht beachtet: die Zeitblindheit. Du kennst sicher die Rot-Grün-, Gesichts- oder Geruchsblindheit. Das heißt, dass du z.B. Rot und Grün nicht unterscheiden kannst, du unfähig bist, dir bekannte vertraute Gesichter wiederzuerkennen oder dir der Geruchssinn fehlt. Was aber ist eine Zeitblindheit? Hast du noch nie gehört? Das macht nichts. Dafür ist ja der Artikel da.

Ausgangssituation

Wenn dein Zeitmanagement schlecht ist, dann könnte es sein, dass dein Tag unstrukturiert und chaotisch verläuft. Du überlegst dann, was du ändern könntest, setzt das um und schon ist der nächste Tag strukturierter und du zufriedener. Was aber, wenn du zwar verstehst, wie eine Uhr funktioniert, du also theoretisch wissen müsstest, was Zeit ist. In der Praxis jedoch fehlt dir jegliches Zeitgefühl, und das nicht nur, weil du dich in etwas anderem völlig verlierst. Du kannst dir dann deinen Tag schlichtweg nicht einteilen oder einschätzen, wie viel Zeit für welche Aufgabe am Tag eingeplant werden muss bzw. schon vergangen ist. Ein strukturierter Tagesablauf? Fehlanzeige!

Definition Zeitblindheit

Ist jemand zeitblind, dann kann diese Person Zeit nicht als solche wahrnehmen, geschweige denn einschätzen. Die innere Uhr bzw. das eigene Zeitgefühl kann dann komplett fehlen, als wäre sie ausgeschaltet.

Wie äußert sich Zeitblindheit?

  • Verspätungen: von Zeitblindheit betroffene Personen kommen immer wieder zu spät zu Terminen, was damit zusammenhängen kann, dass sie z.B. den Weg zu einem Termin oder die verbleibende Zeit bis zum Termin falsch einschätzen. Sie sind immer unter Druck, aber niemals pünktlich.
  • Die Dauer von Tätigkeiten können nicht oder nicht richtig eingeschätzt werden. Die Zeit rinnt ihnen quasi durch die Finger.
  • Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben fällt schwer.
  • Probleme mit dem Zeitmanagement: Betroffene können ihre Zeit nicht effektiv nutzen, weil sie z.B. die Länge von Aufgaben nicht richtig bzw. gar nicht einschätzen können. Prioritäten setzen oder einen Timetable umsetzen, fällt damit ebenfalls weg. Das führt wiederum zu Terminschwierigkeiten bzw. erhöhten Druck, doch noch etwas erledigen zu können.
  • Damit eng verknüpft: Ihre eigene Arbeitsleistung schwankt. D.h. sie können ganz lange nur wenig erledigen, dann aber auf einmal Gas geben, um dann wieder die Zeit aus den Augen zu verlieren.
  • Prokrastination: Da Zeit nicht richtig eingeschätzt werden kann, führt das u.U. zum Aufschieben einer Aufgabe. Zumindest wirkt das nach außen hin so.

All das setzt die Betroffenen unter Druck und verursacht Stress, z.T. auch Ängste. Unnötig zu erwähnen, dass Zeitblindheit beruflichen Erfolg verhindern kann.

Ist Zeitblindheit eine Erkrankung?

Noch sind die Ursachen von Zeitblindheit nur teilweise untersucht. Was man weiß ist, dass ein Zusammenhang zwischen den kognitiven Prozessen und den exekutiven Funktionen des Gehirns besteht. Zeitblindheit ist jedoch keine echte Erkrankung, also medizinisch nicht richtig diagnostizierbar oder im ICD aufgeführt. Es ist eher ein umgangssprachlicher Begriff für dieses Phänomen. Für alle eingangs erwähnten Formen der Blindheit gibt es lateinische Begriffe, für Zeitblindheit (noch) nicht. Fakt ist jedoch, dass sie häufig bei ADHS auftritt (ist sogar ein Kriterium für die Diagnose). Allerdings kann sie auch u.a. bei Autismus-Spektrum-Störungen, Angstzuständen, Zwangsstörungen oder Depressionen eine Begleiterscheinung sein.

Wie sieht das Umfeld Zeitblindheit?

Oft wird Menschen mit Zeitblindheit unterstellt, sie wären faul, weil sie Arbeit aufschieben oder erst auf dem letzten Drücker erledigen. Oder eben gar nicht. Hat jemand Schwierigkeiten mit Pünktlichkeit, dann wird das häufig als Respektlosigkeit den anderen gegenüber oder Nachlässigkeit empfunden. Dabei stellt sich beim Betroffenen selbst meist ein unangenehmes Gefühl ein, wenn er merkt, dass er zu spät ist. Häufig kommen sie dann weit zu früh, um dem entgegenzuwirken oder sie entschuldigen sich ständig. Oft wird ihnen auch Verantwortungslosigkeit vorgeworfen.

Was kannst du dagegen tun?

Wenn du jemanden kennst oder selbst bei dir vermutest, unter Zeitblindheit zu leiden, dann kannst du folgendes tun bzw. raten:

  • Trage eine Uhr und stelle mehrere Alarme für den Verlauf des Tages ein. So kannst du z.B. einen Alarm für den Beginn von Vorbereitungszeit einstellen, einen, wann du gehen musst, einen, wenn du ein Hobby ausübst und du dich ohne Alarm darin verlieren würdest usw. Oder richte dir gleich einen digitalen Kalender mit Erinnerungsfunktionen und Farbcodierungen ein.
  • Plane Pufferzeiten ein. So kannst du Zeiten wieder ausgleichen, wenn etwas schiefgelaufen ist.
  • Teile Aufgaben in kleinere Abschnitte ein, vor allem dann, wenn du eine große Aufgabe nicht überblicken kannst.
  • Führe ein Zeitprotokoll. Darin siehst du, wie bzw. welche Zeitabschnitte du für welche Tätigkeit benötigst und kannst dir so nach und nach Aktivitäten besser einteilen.
  • Plane regelmäßige Pausen ein. So kannst du womöglich den Fokus besser behalten.
  • Sprich mit nahestehenden Menschen darüber. Sie können dir Verständnis entgegenbringen und dich unterstützen.
  • Und weil nahestehende Menschen auch immer wieder mal überfordert sein könnten: baue dir ein unterstützendes Netzwerk auf.

Fazit

Nicht immer ist mangelndes Zeitmanagement gleichzusetzen mit Zeitblindheit. Wäre es “nur” Zeitmanagement, dann könnte die betroffene Person durchaus etwas dagegen unternehmen. Ist jemand aber tatsächlich von Zeitblindheit betroffen, dann muss er, um in unserer Gesellschaft zu überleben, entsprechende Maßnahmen treffen, die ich oben beschrieben habe. Betroffene leiden regelrecht unter Zeitblindheit, fühlen sich gestresst und unter Druck, haben häufig nur wenig soziale Kontakte, da sie sich zurückziehen, meinen, sich immer wieder entschuldigen zu müssen.

Solltest du denken, dass du unter Zeitblindheit leidest, dann wäre der nächste Schritt, Diagnosen für Erkrankungen, die damit einhergehen, abklären zu lassen. Dann können gezielte Therapien oder Beratungen helfen, Strategien zur Bewältigung zu entwickeln.

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Dieser Artikel ist im Rahmen der Blogdekade im Februar 2024 entstanden. Ziel ist es, in 10 Tagen 10 Blogartikel zu schreiben. Dies ist Artikel Nummer 10 und damit Finale!!!!.

Ein Kommentar

  • Astrid

    Ich leide zwar nicht an Zeitblindheit – auch wenn ich im Flow manchmal die Zeit vergessen kann – aber ein Zeitprotokoll habe ich in den letzten Wochen auch geführt. Das war sehr aufschlussreich – ich habe dabei festgestellt, dass die tatsächlich benötigte Zeit manchmal erheblich von der “gefühlten” oder vorab veranschlagten Zeit abweicht. Es hilft mir tatsächlich, ein besseres Zeitgefühl zu entwickeln.
    Viele Grüße
    Astrid

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