
10 Mythen über Stressmanagement – und was wirklich stimmt
Du glaubst, schon alles probiert zu haben? Zeitmanagement, To-Do-Listen, Atemübungen etc.? Und trotzdem fühlst du dich erschöpft und am Limit?
Vielleicht liegt es an dem, was du über Stress glaubst. In meiner Arbeit mit Teilnehmenden aus dem Bildungsbereich begegnen mir immer wieder dieselben Denkfehler über Stressmanagement. Und die klingen auf den ersten Blick sogar plausibel.
Doch genau diese Mythen können dich davon abhalten, echten Wandel und Perspektivwechsel zu erleben. Lass uns gemeinsam zehn dieser Überzeugungen anschauen – und herausfinden, was wirklich stimmt. Du findest hier einen Perspektivwechsel für alle, die glauben, schon alles über Stress zu wissen.
Mythos 1: Ich muss nur besser organisiert sein, dann wird der Stress weniger.
Immer wieder werde ich von Teilnehmer:innen meines Kurses nach Tipps für Zeitmanagement gefragt. Meine Antwort darauf: Wozu möchtest du diese Tipps? Um noch mehr Arbeit in die freie Zeit zu pressen? Oder um tatsächlich effektiver zu arbeiten und eine Pause zwischendurch einzubauen? Klar, du findest auf meinem Blog auch immer wieder Tipps dazu, aber immer mit der Frage, wofür.
Was wirklich stimmt:
Organisation ist hilfreich – aber sie löst keine inneren Antreiber auf. Wenn du glaubst, „alles muss perfekt sein“ oder „ich darf niemanden enttäuschen“, dann wird auch die cleverste Planung zur Stressfalle. Also hinterfrage, was deine Motivation ist. Siehe hierzu auch meinen Artikel „Warum mehr Disziplin dich nicht aus der Stressfalle holt„
Mythos 2: Ich funktioniere unter Druck am besten
Gehörst du auch zu den Menschen, die eine Deadline benötigen, um dann ihrer Meinung nach „so richtig gut“ ans Arbeiten zu kommen? Deren Motto ist: „Diamanten entstehen unter Druck? „. Die erst dann zu Höchstleistung auflaufen? Hab ich dich ertappt? Und du bist der Meinung, dass das wahr ist?
Was wirklich stimmt:
Kurzfristig mag das vielleicht zutreffen. Aber langfristig knockt dich dieser Druck aus. Dein Körper schaltet auf Alarmmodus – und das hat Folgen: Ein Hormoncocktail vom Feinsten aus Stresshormonen schwirrt in deinem Körper herum und kann nicht mehr richtig abgebaut werden. Daraus resultiert: schlechter Schlaf, Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit. Klingt nicht nach Bestform, oder?
Mythos 3: Urlaub reicht, um mich zu erholen
Das war eine Zeitlang meine absolute Überzeugung. Die Arbeit als Schulsozialarbeiterin war so herausfordernd, dass ich hechelnd in die jeweiligen Ferien ging. Meine Art des Stressmanagements! Es dauerte eine ganze Zeitlang, bis sich Erholung einstellte, nicht selten kam das Phänomen „Leisure Sickness“ dazu. War ich dann tatsächlich erholt, ging es direkt wieder in die Vollen und das Drama nahm erneut seinen Lauf. Kennst du?
Was wirklich stimmt:
Urlaub ist nett – aber keine Lösung für chronische Überlastung. Wenn dein Stressmuster bleibt, kommst du erholt zurück… und bist zwei Wochen später wieder am Limit.
Mythos 4: Burnout trifft nur schwache Menschen
Diese Aussage finde ich persönlich als Betroffene nach einem eigenen Burnout schon ganz gemein. Impliziert sie doch indirekt, dass jemand mit einem Burnout nicht stark genug ist. So ein wenig Stress schadet doch niemanden. Kann der- / diejenige halt nicht richtig damit umgehen und ist den Anforderungen einfach nicht gewachsen. Ein wenig Stressmanagement und alles ist doch gut. Oder Zeitmanagement, oder….
Was wirklich stimmt:
Das ist komplett falsch. Burnout trifft besonders die Starken – die Engagierten, die Verlässlichen, die „Ich mach das schon“-Typen. Also genau dich?
Mythos 5: Ich muss es alleine schaffen
Auch diesem Mythos kenne ich nur zu gut. Alles alleine zu wuppen, Beruf und Familie. Einen täglichen Spagat machen zu müssen und sich selbst dazwischen verlieren, weil du nichts abgeben kannst. Bzw. meinst, nichts abgeben zu können. Die anderen machen das ohnehin nicht so gut wie du bzw. du müsstest wahrscheinlich eh nacharbeiten. Also übernimmst du es lieber selber, dann musst du keine „blöden Fragen“ beantworten und weißt, dass alles richtig erledigt ist.
Was wirklich stimmt:
Denk doch mal nach: Du darfst Hilfe annehmen. Du musst nicht erst zusammenbrechen, um dir Unterstützung zu holen. Sich begleiten zu lassen oder Dinge abzugeben ist kein Zeichen von Schwäche – es ist kluge Selbstführung und eine gute Form des Stressmanagements.
Mythos 6: Atemübungen und Entspannungstechniken reichen als Prävention
In den sozialen Medien wird uns immer wieder suggeriert, dass wir nur ein wenig Stress „wegatmen“ müssen, dann geht es schon wieder. Oder einfach mal eine Meditation dazwischen schieben. Das bringt einem die absolute Entspannung. Du hast das auch schon probiert, aber hat es dir etwas gebracht?
Was wirklich stimmt:
Entspannungstechniken sind ein Puzzlestück und mit Sicherheit nicht zu verachten. Aber nachhaltige Prävention heißt: Ernährung, Bewegung, Pausen, Schlaf, Grenzen setzen, Mindset – also ein ganzheitlicher Blick auf dich und deinen Alltag. Siehe hierzu auch meinen Artikel „Fünf Säulen eines gesunden Stressmanagements„.
Mythos 7: Stress gehört zum Job – da muss man durch
Keine Arbeit ohne Stress und wer keinen Stress hat, der scheint etwas verkehrt zu machen oder nicht richtig zu arbeiten. Kennst du auch diese Auffassung? Und ja, jeder weiß, dass ein Beruf in der Schule anstrengend ist. Hättest ja was anderes machen können. Immerhin hast du ja immer wieder in den Ferien frei, da kannst du dich dann erholen. Hast du so eine Aussage auch schon gehört? Musst du dich deswegen damit abfinden?
Was wirklich stimmt:
Harte Bedingungen rechtfertigen keinen Dauerstress. Nur weil ein Beruf anstrengend ist, bedeutet das nicht, dass du Dauerstress aushalten musst. Du darfst dich für gesündere Arbeitsweisen bzw. Stressmanagement einsetzen. In erster Linie für dich, aber auch für alle, die nach dir kommen. Und überhaupt: was soll dieses neidische Geschwafel von Ferien?
Mythos 8: Wenn ich Nein sage, enttäusche ich andere
Ein heikles Thema: Grenzen setzen, indem du zu Anforderungen anderer Menschen „Nein“ sagst. Bist du dir sicher, dass du andere damit enttäuschst? Dann müssen diese Menschen halt mal selber tätig werden und nicht ihre Aufgaben auf dich abwälzen. Was glaubst du denn, wie viel andere Menschen sich tatsächlich (negative) Gedanken über dich machen, wenn du eine Grenze setzt und deine Kräfte schonst?
Was wirklich stimmt:
Ein ehrliches Nein schützt deine Kraft – und macht ein Ja von dir umso wichtiger. Ständige Verfügbarkeit macht dich nicht wertvoller, sondern unsichtbarer, da du ja immer da bist und aushilfst. Jedes Nein zu anderen ist ein ja zu dir selbst!
Mythos 9: Ich bin halt stressanfällig – das ist meine Persönlichkeit
Ist das tatsächlich so? Oder denkst du nur, dass es so ist? Hast du Vorbilder, von denen du gelernt hast? Hast du Glaubenssätze übernommen, die du nie hinterfragt hast? Glaubst immer alles, was du denkst? Denk mal in Ruhe darüber nach.
Was wirklich stimmt:
Stressverhalten ist erlernt und nicht genetisch bedingt. Daher eine gute Botschaft: es kann verändert werden. Mit Reflexion, neuen Tools und etwas Geduld entwickelst du neue Reaktionsmuster. Du wirst sehen, dieser Mythos trifft dann nicht mehr für dich zu.
Mythos 10: Ich kann erst für mich sorgen, wenn alles andere erledigt ist
Kennst du diese Denkweise? „Ich muss erst noch den Hausputz erledigen, die Spülmaschine ausräumen, das PDF fertigstellen, die Klausuren korrigieren. Erst dann kann ich mir eine Pause gönnen“. Dass du vielleicht schon auf dem Zahnfleisch angekrochen kommst, bedenkst du nicht. Dann den Akku aufzuladen, wenn er tiefentladen ist, ist schwer.
Was wirklich stimmt:
Wenn du erst alles andere erledigen willst, dann sorgst du nie für dich. Denn „alles andere“ hört nie auf. Selbstfürsorge ist kein Bonusprogramm. Sie ist die Basis eines jeden guten Stressmanagements.
Fazit
Hast du dich im einen oder anderen Mythos wiedererkannt? Zugegebenermaßen, auf den ersten Blick wirken sie alle wie gesunder Menschenverstand. Doch in Wahrheit halten sie dich in einer Dauerschleife aus Überforderung und Schuldgefühlen gefangen. Wichtig ist, dass du sie erkennst und hinterfragst. Denn dann hast du die Chance auf einen Perspektivwechsel und echte Veränderung.
Mache dir klar: Du musst nicht mehr leisten, du leistet schon viel zu viel. Du darfst loslassen. Und du darfst lernen, dich selbst wieder in den Mittelpunkt zu stellen – ohne egoistisch zu sein. Selbstfürsorge ist kein Luxus, es ist pure Notwendigkeit.

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2 Kommentare
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Birgit
Hallo Anette,
einige dieser Mythen – oder besser: Glaubenssätze – kommen mir sehr bekannt vor.
Und du hast absolut recht: Wenn man sich danach richtet, geht man irgendwann mit wehenden Fahnen unter.
Deshalb: Fünfe auch mal gerade sein lassen, den Haushalt getrost dem Mann überlassen (auch wenn’s danach nicht ganz so aussieht, wie man es selbst gern hätte ) … und vor allem: ganz selbstbewusst Nein sagen.
Einiges davon habe ich mir schon erarbeitet – und trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich in alte Muster zurückrutsche. Gerade das Nein-Sagen ist für mich echt noch eine Herausforderung.
Aber: Es geht stetig bergauf, finde ich. Und dein Beitrag war heute genau die Erinnerung, die ich gebraucht habe, wieder mehr für mich selbst zu tun.
Danke dafür!
Liebe Grüße
Birgit