Persönliches

Ist ökologisches Reisen möglich?

…oder vom Tourismus auf den Malediven

Vor gut zwei Wochen starteten wir im Rahmen unseres Sabbatjahres einen zweiwöchigen Aufenthalt auf den Malediven. Damit wurde für uns ein Traum wahr. Schon lange, lange Zeit wollten wir einmal auf den Malediven schnorcheln, tauchen, einfach am Strand sein, Wärme haben und den weißen Sand an unseren Füßen spüren.  Da wir aufgrund der Corona Pandemie immer nur kurze Trips (wenn überhaupt) machen konnten, entschlossen wir uns sehr sponten, einen Urlaub auf den Malediven zu buchen, nachdem man wieder einreisen durfte.  Natürlich mit dem Flugzeug und dem Speedboat, bis wir zu “unserer” Insel kamen. Ich war sehr gespannt: Wie würde es dort sein? Was würde uns erwarten?

In der Realität angekommen

Bild: The Ocean Agency / XL Catlin Seaview Survey / Richard Vevers

Als wir auf der Insel eintrafen, hatten wir genau das Feeling, dass wir uns erträumten: Palmen, weißer Sand, Wärme (mindestens 33°), barfuß laufen, türkisblaues Meer, Fische direkt schon am Strand und noch so viel mehr.

Nach dem ersten Schnorcheln waren wir jedoch in der Realität angekommen. Auf den ersten Blick erschienen uns viele der Korallen abgestorben. Zwar gab es Fische in allen Farben und in verschiedenen Größen (meist größer als erwartet), aber die bunte Vielfalt, vor allem an Korallen am Riff, die wir uns erwartet hatten, blieb uns zumindest beim Schnorcheln verborgen. Sind die Malediven denn nicht genau dafür bekannt?

Was war also passiert? 

Eines vorneweg: Ich bin keine Meeresbiologin oder sonst verwandte Wissenschaftlerin. Die Erklärungen bzw. Erkenntnisse, die ich hier beschreibe, habe ich entweder aus Gesprächen mit den dortigen Tauchlehrern oder Menschen vor Ort oder irgendwann einmal gelesen. Es ist somit eine laienhafte Beschreibung dessen, was möglicherweise ursächlich für das Korallensterben ist.

Tatsache ist jedoch: bereits zweimal in den letzten 20 Jahren wurden die Malediven Opfer einer massiven Korallenbleiche. Und damit einher ging das Absterben von Korallen. 1998 wie auch 2016 hatte das Wasser im Meer im Frühsommer eine Temperatur von weit über 30°. Dies schrieb man den Wetterphänomen El Nino zu. Die Folge der erhöhten Wassertemperaturen: die Korallen stießen in ihrem Körpergewebe lebende Algen aus bzw. ab, da diese anstelle von Zucker und Kalk giftige Moleküle produzierten. Fehlen diese Algen, sind die Korallen aber nicht mehr lebensfähig. Normalerweise erholen sich die Korallen wieder, sobald die Wassertemperatur sich wieder normalisiert. Ändert sich  das allerdings über mehrere Wochen hinweg nicht, sterben die Korallen ab. Es bleibt im Prinzip also nur ein kleines Zeitfenster, in dem sich wieder neue Algen in den Korallen ansiedeln und sie somit am Leben erhalten können. 

Gottseidank erholten sich die  Riffe auf den Malediven von der Katastrophe im Jahr 1998  jedoch wieder und es war nicht mehr viel zu bemerken. 2016 aber das gleiche Drama noch einmal: El Nino schlug erneut zu. Je nach Örtlichkeit starben zwischen 50 und 100% der Korallen ab und übrig blieben weiße Korallen Skelette. Üblicherweise benötigen die Korallen für die Erholung mindestens 10 Jahre, je älter bzw. größer oder tiefer sie leben, umso länger.

Foto: Kristin Hoel on Unsplash

Warum kümmert uns das Korallensterben?

  • Korallenriffe zählen neben dem Regenwald zu den artenreichsten Lebensräumen unserer Erde.  Bisher hat man 60.000 verschiedene Arten entdeckt, es werden jedoch mehr als 400.000 Abend in den Riffen vermutet. Korallenriffe sind die ältesten bekanntesten Ökosysteme der Welt. Verschwinden die Korallen, verschwinden auch viele Fischarten. Fischer verlieren ihre Nahrungs- und Erwerbsgrundlage.
  • Weiterhin dienen die Korallen, die knapp unter der Wasseroberfläche leben, seit Millionen von Jahren als Wellenbrecher und verhindern dadurch Überschwemmungen.  Lebende Korallen sind somit für die Inseln ein Schutz vor dem Wellengang.  Wusstest du, dass die Korallen ca. 70 bis 90% der  auftretenden Wellenenergie absorbieren können? Fehlen die Korallen, dann treffen die Wellen ungebremst auf die Insel und tragen Sand weg. Die Insel wird als Folge kleiner und irgendwann ganz verschwinden. Noch retten Sandsäcke einen Teil davon.
  • Mit ihren Artenreichtum sind die Korallenriffe der Malediven aber auch eine touristische Attraktion für Taucher und Schnorchler. Wenn man bedenkt, dass die Menschen keine weiteren nennenswerten Einkommensquellen haben umso wichtiger, dass die Riffe erhalten werden. 
  • Mittlerweile erwartet der Weltbiodiversitätsrat, dass bei der zu erwarteten globalen Erwärmung um 1,5 Grad ca. 70 bis 90% der Korallen verloren gehen,  bei 2 Grad werden es bereits 99%. Die erhöhten Wassertemperaturen führen nicht nur zur Korallenbleiche, sondern verringern auch die Fortpflanzungsfähigkeit der überlebenden Korallen. Der Zeitraum zwischen den einzelnen Phasen der Korallenbleiche durch zu warme Wassertemperaturen wird immer kürzer und reduziert die Zeit für eine Erholung der Korallen. Das bedeutet, die Häufigkeit und Intensität der “Bleiche Ereignisse” nimmt zu, . 
  • Eine weitere Ursache für die Korallenbleiche ist in der weltweiten Versauerung der Ozeane zu sehen. Der pH-Wert des Meerwassers ist bereits von ca. 8,5 auf 8,1 gefallen und droht noch weiter zu fallen
  • Und noch ein möglicher Grund für die Korallenbleiche: durch den Tourismus gelangen jährlich ca. 4000 bis 6.000 Tonnen chemische Sonnenschutzmittel ins Wasser. Besonders die Chemikalien, die vor UV Strahlung schützen wie Oxybenzone, Octocrylene und Parabene wurden als korallenbleichefördernd identifiziert. 

Was kann dagegen getan werden bzw. kann überhaupt etwas getan werden?? 

Korallen können sich nach einer Bleiche unter bestimmten Umständen regenerieren. Die Korallen, die besonders gut im “wieder besiedeln” sind und schnell wachsen, können sich nach einer Bleiche innerhalb von 10 bis 15 Jahren erholen. Bei tiefer lebenden Korallen dauert dieser Prozess jedoch viele Jahrzehnte. Kommt es in diesem Zeitraum zu einer erneuten Korallenbleiche oder einer sonstigen weiteren Störung, dann ist eine Erholung und Regeneration nicht möglich.

Mittlerweile wird daran gearbeitet, künstliche Riffe aufzubauen aus z.B. versenkten Schiffen, Flugzeugen oder Stahlkonstruktion. Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass sich die künstlichen Riffe nicht aus ihren Verankerungen reißen und gesunde Riffe zerstören. In einer Nacht und Nebel Aktion wurden auf den Malediven Millionen von alten Autoreifen als künstliche Riffe versenkt. Ein Schelm wer Böses dabei denkt! Da waren wohl viele ihre alten Reifen auf einfache Art und Weise los geworden. Eine der großen Umweltkatastrophen schlechthin.

Ebenso forschen Wissenschaftler daran, Hitzeresiliente Mikroalgen zu züchten, die die Bleiche-Toleranz von Korallenriffen erhöhen. Weitere Test dazu stehen noch an.

Einige Staaten haben Nationalparks gegründet und alle korallen- bzw. riffschädigende Aktivitäten in den Parks verboten .

Ebenso erfolgt ein Verbot von  chemischer Sonnenmilch ab 2021. Mineralischer Sonnenschutz ist weiterhin möglich.

2015 wurde auf der Weltklimakonferenz das 1,5 Grad-Ziel verabschiedet, ebenso wie die Beendigung der illegalen Fischerei und damit der Überfischung der Meere.

Wie läuft das auf den Malediven?

Alles, was auf den Inseln gebraucht wird, muss dorthin gebracht werden. Die Malediven sind kein Land, die Landwirtschaft etc. haben, sondern alles importieren müssen. Auf einigen Inseln wird bereits Solarstrom verwendet. Für den großen Bedarf an Wasser zum Duschen, Bewässern etc. steht auf der Insel eine Entsalzungsanlage. Wir haben gesehen, dass Bäume gepflanzt werden, ebenso gibt es keine neuen Baumaßnahmen an den Korallen. Plastikstrohhalme wurden durch Papierstrohhalme ersetzt, die Gefäße für Shampoo etc. sind wieder auffüllbar. Auf unseren ausführlichen Schnorchel- und Tauchtouren haben wir keinen Müll im Meer gesehen. Müll wird gesammelt, teilweise getrennt und auf eine “geopferte” Müllinsel gebracht. Manchmal roch man das Verbrennen von Plastik….

Auch das Fischen im Gebiet “unserer” Insel war verboten. 

Offensichtlich hat die Corona Pandemie den Tourismus ziemlich reduziert und damit den Menschen ihre wirtschaftliche Grundlage entzogen, allerdings haben die Meere so Zeit gehabt, sich wieder zu erholen und es ist höchste Zeit, über einen umweltschonenden Tourismus nachzudenken. Wir haben aber auch gesehen, dass sich auf kleinen abgestorbenen Korallenflächen bereits wieder neues Leben ansiedelt. Wenn man genauer hinschaut, dann kann man das entdecken. Unnötig zu sagen, wie sehr Touristen das neue Leben gefährden, wenn sie sich einfach auf die Korallen stellen oder zum Riff über die neuen kleinen Korallen latschen, was wir auch mehrfach gesehen haben.

Und ja, Tourismus ist für die Einwohner wichtig, kann aber auch anders gedacht und gestaltet werden. 

Was bedeutet das für unsere weiteren Reisen?

Als wir vor ca. 30 Jahren zum ersten Mal auf Bali waren, hat uns ein Reisender aus Deutschland erzählt, er habe Bali noch ursprünglich gesehen, als er vor (weiteren) 15 Jahren gereist sei. Die Zeit können wir nicht zurückdrehen und wir sehen die Riffe bei den Malediven sicher nicht in ihrem ursprünglichen Zustand. Trotzdem konnten wir gerade beim Tauchen sehen, wie wundervoll die Unterwasserwelt mit ihrer Artenvielfalt sein kann, wenn wir sie schützen und das, was wir tun können, dazu beitragen. Wir werden unsere Art des Reisens beibehalten und immer wieder darauf achten, welchen ökologischen Fußabdruck wir hinterlassen. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir bestimmte Teile der Welt in Ruhe lassen oder, wie z.B. in den Nationalparks dieser Welt, akzeptieren, dass nur begrenzt Tourismus zugelassen wird.

Die Welt ist so schön und bietet so viel. Also lasst sie uns für uns und unsere Nachkommen möglichst gut schützen und bewahren!

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