Persönliches,  Stressmanagement

Von Mut und Angst – Dieser Angst habe ich mich gestellt

In meiner Bloggersphäre herrscht gerade reges Blogparadentreiben. Es sind so viele tolle Themen dabei. Mit diesem Artikel leiste ich einen Beitrag zur Blogparade von Shivani Vogt “1-2-3-Angst vorbei! Dieser Angst habe ich mich gestellt

Das Thema hat mich deswegen angesprochen, weil ich mich mehr als einmal in meinem Leben meinen Ängsten stellen musste. Eine Lernerfahrung habe ich jedes Mal danach: Ich fühle mich gestärkt und merke immer wieder, dass Mut und Angst zusammengehören. Ohne Angst könnte ich keinen Mut beweisen. Und: es ist nicht schlimm, Angst zu haben. Viel schlimmer ist es, vor etwas aufzugeben, weil du Angst hast, die dich beherrscht.

Aber ich erzähle dir erstmal eine kurze Geschichte aus meinem Sabbatjahr.

Ein verpatzter Tauchgang

Letztes Jahr war ich während meines Sabbatjahres auf den Malediven. Eine kleine und wunderschöne Insel mit einer fantastischen Unterwasserwelt, die schon wenige Schritte vom Strand aus begann. Vor über einem Jahr hatte ich in einem Akt von “Ich will endlich auch weiter unten was sehen und nicht nur schnorcheln” versus “Ich habe Angst davor” meinen Tauchschein gemacht. Und das als Lipödempatientin. Dabei haben meine Beine die Tendenz, nach oben zu wollen, weil sich darin viele krankhafte Fettzellen munter vermehrt haben. Und Fett schwimmt ja bekanntlich oben. Blöd zum Tauchen, aber mit genügend Gewicht geht das schon. Lediglich beim sogenannten safety stop, bei dem man / frau in 5 Meter Tiefe am Ende des Tauchganges, also vor dem endgültigen Auftauchen, 3 Minuten lang dekomprimiert, kann ich nicht wie die anderen Taucher:innen einfach so im Wasser “stehen”. Stattdessen mache ich eine Rolle nach der anderen, kann aber so in der entsprechenden Tiefe bleiben. Ich glaube, das ist ein komischer Anblick. Also habe ich den Tauchlehrer auf den Malediven informiert und wir haben einen ersten Tauchgang zum Auffrischen gemacht. Alles hat wunderbar funktioniert, ich war allerdings so sehr mit der Technik beschäftigt, dass ich kaum etwas von der Unterwasserwelt mitbekommen habe. Mir ging es in etwa so: “Was? Da war eine Schildkröte? Oder sogar zwei? Habe ich gar nicht gesehen. Haie auch? Echt?”

Bevorstehender Tauchgang auf Sri Lanka

Beim zweiten Tauchgang jedoch war ich einen Moment nicht aufmerksam genug und ich ging nach 20 Minuten ungewollt und viel zu schnell Richtung Wasseroberfläche. Das Ende vom Lied: Mein Tauchgang wurde abgebrochen, ich durfte in den nächsten Tagen nicht mehr tauchen. Du kannst Dir sicher vorstellen, wie geknickt ich war. Ich überlegte doch tatsächlich, ob das Tauchen und ich überhaupt Freunde werden können oder ob ich es nicht doch lieber sein lassen sollte. Wenn ich schon nicht mal einen einfachen Tauchgang ohne Strömung, ohne irgendwelche Schwierigkeiten schaffte.

Was jedoch noch schwerer wog: Ich dachte bei mir, dass ich wohl nie wieder tauchen würde, wenn ich nicht wieder ins Wasser gehen würde. Und zwar nicht irgendwann, sondern sobald es ging. Der Göttergatte bemerkte, wie ich mit dieser Situation haderte. Blöd war nur, dass unser Abflug bevorstand und das Tauchverbot genau bis dahin ging. Also nix mit erneutem Tauchgang.

Eine neue Chance

Da wir uns ja ohnehin im Sabbatjahr befanden, wir also nicht nach Hause mussten, versuchten wir kurzerhand unseren Aufenthalt zu verlängern. Das gelang uns. Sofort gingen wir zur Tauchbasis, um unseren nächsten Tauchgang zu buchen. Corona sei Dank gab es nicht allzu viele Taucher, sodass wir meistens zu dritt oder viert (2 Tauchlehrer und wir) tauchen konnten.

Also fuhren wir mit dem Boot hinaus. Ich kann dir gar nicht sagen, was sich in meinem Kopf alles abspielte:

“Ich gehe nie wieder ins Wasser, das ist doch eine Schnapsidee. Was, wenn es wieder schiefgeht, oder ich nicht genug Sauerstoff habe oder keiner auf mich aufpasst oder ich in Panik gerate oder ich meine Technik nicht beherrsche oder schlimmstenfalls ein Blackout habe und mich an gar nichts mehr erinnere oder ich dabei sterbe.” Ich zitterte richtig in den Beinen, als ich dann am Bootsrand stand und mein Tauchlehrer mich auffordert zu springen. Das ging ungefähr so: “Jump in”. “Okay, okay”. Ich rückte vorsichtig ein Stück näher an den Rand. “Come on! Jump in!”. “Okay, just one second”. Bootsjunge: “If you wanna dive, you have to jump in”. “I know”. Ich zögerte den Sprung hinaus und focht einen innerlichen Kampf aus, ob ich überhaupt springen sollte –  um dann endlich doch allen Mut zusammenzunehmen und ins Meer zu springen. 

Kurz zusammengefasst: Es ging alles gut und ich wagte mich bis zum Ende unseres Urlaubes noch drei weitere Male ins Wasser. Wirklich genießen konnte ich allerdings erst den letzten Tauchgang.

Tauchanalysen

Nach jedem Tauchgang habe ich mit meinem Tauchlehrer analysiert, was ich noch verbessern könnte. Gerade nach diesem einen Tauchgang haben mich seine Aussagen und Anregungen sehr zum Nachdenken gebracht:

  • „Bevor du ins Wasser springst, mach deinen Kopf leer. Lass keine anderen Gedanken zu, was alles passieren könnte.  Denke nur daran, was du Spannendes erleben wirst und wo sich die Unterwassertiere wohl verstecken. Dann funktioniert auch alles andere“ (Anmerkung: natürlich nur, wenn die Technik sitzt).
  • „Wenn du ins Wasser springst, sehe ich, dass du (noch) Angst hast. Das ist nicht schlimm, denn wer keine Angst hat, kann auch nicht mutig sein. Ohne Angst kann kein Mut kommen. Und du bist dann vorsichtig genug, weil du Respekt vor dem Tauchen hast.“
  • „Es ist gut, dass du wieder ins Wasser bist und dich dem gestellt hast. Hättest du das nicht gemacht, würdest du sehr wahrscheinlich nie mehr tauchen.“
  • „Atme ruhig und gleichmäßig. So verbrauchst du am wenigsten Sauerstoff, dein Tank reicht dann länger und du selbst wirst automatisch ruhiger.“
  • „Dein Tauchbuddy achtet auf dich, du aber auch auf deinen Buddy. Gemeinsam geht es viel leichter und verringert mögliche Risiken.“

Meine Learnings

Ich hatte richtige AHA-Momente und begriff manches besser. Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf, vor allem aber der schon eingangs erwähnte: Es ist nicht schlimm, Angst zu haben. Viel schlimmer ist es, aufzugeben, weil du vor etwas Angst hast. Sei mutig und denke daran: Ohne Angst kein Mut. Beides gehört zusammen.

Mein Tauchlehrer erzählte mir am Ende unseres Urlaubes, dass er selbst als Kind fast ertrunken wäre. Und jetzt ist er Tauchlehrer. Er war sehr stolz darauf und meinte: “Siehst du, wo mich meine eigene Angst hingebracht hat? Ich kann heute einen Job machen, den ich über alles liebe. Hätte ich mich dieser Angst nicht gestellt, wer weiß, wo ich heute wäre.” Ein weiser und mutiger Mann. Ob ihm das bewusst ist?

Im Übrigen…

Im Übrigen ist das dem, was ich im Stressmanagement immer predige, sehr ähnlich: atmen, Kopf frei bekommen, auf dich, aber auch auf deinen Nächsten achten. Nur wenn es dir gut geht, kannst du auch für deinen Nächsten da sein. Wie gesagt: Es ist nicht schlimm, Angst zu haben. Das geht jedem Menschen irgendwann im Leben so. Sich allerdings von ihr übermannen und in seinem Leben dadurch einschränken zu lassen oder aufzugeben, das ist viel schlimmer. Sich dann Unterstützung holen, ist weise und schlau.

In meinem Leben habe ich sehr oft Angst vor etwas gehabt, war aber auch immer stolz darauf, wenn ich meinen ganzen Mut zusammen genommen habe und meine Angst überwunden habe. Das Gefühl hinterher – unbeschreiblich. Kennst du? Prima. Kennst du gar nicht? Dann sollten wir uns mal unterhalten.

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